Ulrich
van Aaken

Steinway & Sons

europiano, 1987

Exakte Baujahrbestimmung bei Steinway-Instrumenten

von Ulrich van Aaken (Mitglied des BDK)

Eine ganze Anzahl meiner Kunden, die einen Steinway-Flügel besitzen, war äußerst dankbar für die genaue Angabe des Herstellungsjahres ihres meist älteren Instruments. Bekanntlich sind die Angaben zum Baujahr im Europiano-Atlas ungenau, weil sie einen zu großen Zeitraum abdecken. Meines Wissens vergibt von den Herstellern hochwertiger Instrumente nur die Firma Steinway neben der »normalen« Fabrikationsnummer, die deutlich sichtbar auf der Platte steht, zusätzlich eine interne Werksnummer, die an verschiedenen Stellen des Instruments ins Holz eingeschlagen ist. Mit Hilfe dieser Nummer lassen sich Herstellungsjahr bzw. -monat exakt bestimmen: Diese interne Nummer, die immer zweiteilig ist und für beide Produktionsstätten (New York und Hamburg) Gültigkeit hat, wird folgendermaßen entschlüsselt:

Für das Jahr 1900 ist der Buchstabe A als Kennbuchstabe vereinbart. Der Buchstabe B steht für 1901, der Buchstabe C für 1902 usw. Trägt ein Instrument also die interne Nummer »533 T«, so wissen Sie, daß es sich um das 533te Instrument des Jahres 1919 handelt. Nach dem Buchstaben Z für das Jahr 1926 geht es mit Doppelbuchstaben weiter. AA für 1927, BB für 1928 usw. Diese Kennzeichnung wurde bis zum Jahre 1941 (PP) beibehalten und dann folgendermaßen abgewandelt: An die Stelle der Buchstabenpaare treten jetzt Zahlen, die aber nicht den Jahreszahlen entsprechen, sondern stets um 20 erhöht sind. Dazu zwei Beispiele: Das zehnte Instrument des Jahres 1953 trägt die interne Nummer »10 73«. Das sechste Instrument des Jahres 1986 wird mit »6 106« versehen.
Zur genauen Baujahrermittlung müssen Sie also lediglich von der zweiten Zahl 20 abziehen.

Diese Praxis mag auf den ersten Blick wie eine kleine Spielerei aussehen. Bedenken Sie aber bitte, daß sich die Plattennummer (sie ist ja nur aufgemalt), z. B. anläßlich einer Generalüberholung, bei der auch die Platte gespritzt wird, leicht ändern läßt, wodurch ein Flügel beispielsweise »über Nacht« um 20 Jahre jünger wird. Selbst einem Fachmann muß diese »Korrektur« nicht unbedingt auffallen, da sich die Instrumenten-Modelle der Fa. Steinway seit über 80 Jahren nicht geändert haben.

Die interne Werksnummer läßt sich dagegen nicht entfernen, zumal sie an verschiedenen Stellen in Holzteile des Instruments eingeschlagen ist. Beim Flügel findet man sie in der Nähe der Glocke auf der sog. Rim und unter dem Stuhlboden auf der Diskantseite. Diese beiden Stellen lassen sich gut ausfindig machen, ohne das Instrument zu berühren oder gar zu zerlegen. (Auf die Kennzeichnung an Notenpult, Backenklötzen, Vorsatzleiste, Klappe und Stellen im Instrumenteninnern möchte ich hier nicht näher eingehen.)
Vor 1900 gab es zwar keine interne Nummer, dafür wurde aber die Opus-Nummer (normale Nummer) an verschiedenen Positionen eingeschlagen.

Dazu fällt mir eine kleine Begebenheit ein: Wir bekamen einen Steinway-Flügel zur Reparatur, der keine interne Nummer besaß. Aber die Opus-Zahl (191.000) mochte nicht so recht zu einem Dämpfungsdetail des Flügels passen, was meinem Chef sofort auffiel. Wir untersuchten daraufhin alle uns bekannten Kennzeichnungsstellen, stießen aber immer wieder auf die Gleiche Opus-Zahl, obwohl die Wackelbrett-Konstruktion älter sein mußte, als die Nummer dies »vortäuschte«. Als wir die Sache schon auf sich beruhen lassen wollten, kam unser Chef auf die »zeitraubende« Idee, das Klavierband zwischen Vorder- und Hinterdeckel abzuschrauben. Dort nämlich fanden wir die Nummer 91000. Irgend jemand hatte demnach den Flügel durch das Hinzufügen einer »1« um etliche Jahre jünger machen wollen.

Nachtrag:
Seit einigen Jahren hat die Firma Steinway & Sons die interne Werksnummer modifiziert. Jeder Nummer werden jetzt Kennziffern für die verschiedenen Modelle vorangestellt. Dabei ist folgendes vereinbart:

16 = Modell – D – (274 cm)
15 = Modell – C – (227 cm)
14 = Modell – B – (211 cm)
13 = Modell – A – (188 cm)
12 = Modell – O – (180 cm)
11 = Modell – M – (170 cm)
10 = Modell – S – (155 cm)

21 = Klaviermodell – Z – (114 cm)
22 = Klaviermodell – V – (122 cm)
23 = Klaviermodell – K – (132 cm)

Auch hier ein Beispiel:
Das Instrument mit der internen Nummer: 16034 21 ist ein Konzertflügel, Modell D (vorangestellte »16«), gebaut als 34tes Instrument im Jahre 2001.



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